STIMMUNGSBILDER – Teil 3



Gerhard und Mike Ettl
CHAMPIONS Kampfsport – Fitness – Cross Sports

Im Interview berichtet Mike Ettl, gemeinsam mit seinem Bruder Gerhard Ettl Inhaber von CHAMPIONS in Graz Liebenau, von den von den Herausforderungen denen sie sich seit Beginn der Corona-Krise gegenübersehen. Bei den Stimmungsbildern geht es um eine authentische Wiedergabe der Erlebnisse und Sichtweisen von Unternehmern im Bezug zum Zeitgeschehen im Moment des Gesprächs. Wir möchten an dieser Stelle ausdrücklich festhalten, dass diese Gespräche mit Unternehmern aller Couleur erfolgen und daraus nicht zwingend eine Nähe zu unserer Organisation oder eine bestimmte politische Zugehörigkeit abgeleitet werden kann.

Mike Ettl kämpft gemeinsam mit seinem Bruder Gerhard Ettl um das Fortbestehen des Fitnessstudios Champions in Graz Liebenau

Der erste Lockdown war ein voller Schock für uns. Unseren ersten Sportverein haben wir 1992 gegründet. Seitdem haben wir noch nie eine vergleichbare Krise erlebt. Wirtschaftlich hat uns das damals ab März weg sehr getroffen, eine finanzielle Unterstützung für unseren Bereich hat es erst viel später gegeben. Zuerst war nur ein radikaler Stopp da, der unsere Aktivitäten von einem auf den anderen Tag beendet hat. Erst in der Folge wurde es in das Bewusstsein der Öffentlichkeit getragen, dass das für alle Sportvereine in Österreich ein schwerwiegendes Problem darstellt. Danach wurde dann der NPO (Non-Profit-Organisation) Unterstützungsfonds ins Leben gerufen. Über eine bestimmte Höhe war es nur mehr möglich über einen Steuerberater anzusuchen. Wir mussten unter diesem Grenzbetrag ansuchen, weil wir ein Verein mit einfacher Einnahmen-Ausgabenrechnung sind. Ein Steuerberater hätte die letzten Jahre dafür nochmals aufarbeiten müssen, wobei die zusätzlichen Kosten größer gewesen wären als die Differenz der Unterstützungszahlung.

Einige Monate später haben wir unter strengen Auflagen wieder aufsperren dürfen. Wir haben dafür gesorgt, dass die Leute Abstand halten, dafür Sachen eingekauft, Seile gespannt und intern acht verschiedene Bereiche geschaffen. All das war eine große Umstellung für uns, aber wir haben alles getan, um die Sicherheit unserer Mitglieder zu gewährleisten. Bei der Umsetzung waren wir sehr konsequent. Der MNS durfte erst auf der Trainingsfläche abgenommen werden und durch ein lückenloses Contact Tracing konnten wir jeden Kontakt stets professionell zurückverfolgen. Wir können hier auf der Minute genau sagen, wann eine Person bei uns war und mit wem zusammen sie sich in welchem unserer acht Bereiche aufgehalten hat. Auch das Duschen war in dieser Zeit nicht erlaubt, um unkontrollierte Ansammlungen zu vermeiden. Alle Maßnahmen, die uns vorgegeben werden, können wir hier zu hundert Prozent einhalten.

VORRÜBERGEHEND GESCHLOSSEN

Der nächste Lockdown kam dann im November. Da gab es für uns dann keine Unterstützungsmaßnahmen. Erst vor kurzem, Mitte Februar, hat es geheißen, dass das Datum, ab dem wir wieder ein Ansuchen an den NPO-Unterstützungsfonds stellen können bekannt gegeben wird. Seit 5. März ist es jetzt möglich, um Unterstützung für das 4. Quartal 2020 anzusuchen. Das bedeutet aber auch fünf Monate, in denen wir trotzdem alle Fixkosten zu bezahlen hatten. Damit hat die ganze Sport- und Fitnessbranche ein echtes Problem und ich glaube, dass vielen bereits die Luft ausgeht. Wer jetzt noch auf den Füßen steht, hat schlau gewirtschaftet und ein finanzielles Polster, von dem er alles bezahlen kann. Wer bisher schon auf zwei bis drei Monate kalkuliert hat und diesen Polster nicht hat, der bricht jetzt weg. Unsere Mitglieder sind uns zumindest treu geblieben. Das ist bei Vereinen so, dass die Mitglieder in der Regel sehr loyal sind.

Für den Sportbereich ist es erlaubt outdoor zu trainieren. Aber selbst wenn ein solcher Bereich zur Verfügung steht, müssen pro Person von uns mindestens 20 Quadratmeter zur Verfügung gestellt werden. Wer outdoor keine Möglichkeiten hat, der fällt hier auch durch. Um Mitgliedsbeiträge kassieren zu dürfen, muss ich ein entsprechendes Angebot zur Verfügung stellen. Aber nach diesen Vorgaben ist uns das gar nicht möglich.

Die katholische Kirche hat in Österreich 4,9 Millionen Mitglieder, die Arbeiterkammer hat 3,7 Millionen Mitglieder und die 15.000 Sportvereine haben 2,1 Millionen Mitglieder. 2,1 Millionen Österreicher, also knapp ein Viertel der Gesamtbevölkerung sind Mitglied in einem Sportverein. So gesehen sind wir der Gesundheitsmotor der kompletten österreichischen Gesellschaft. Aber nicht nur das. Unsere Mitglieder unterscheiden sich von herkömmlichen Wirtshausgästen darin, dass sie auch mehr Verständnis für die coronabedingten Sicherheitsmaßnahmen mitbringen. Ich bin überzeugt davon, dass die Sportvereine auch als Teststationen dienen könnten. Wenn Tests an die Sportvereine ausgegeben würden, wären hunderttausende Personen kontrolliert. Bei so vielen Mitgliedern und mit dem Contact Tracing wäre das wohl die beste Information, die man erhalten kann. Ich weiß nicht, ob die Regierung dieses Potenzial erkennt, aber wir hoffen zumindest, dass Öffnungsschritte kommen. Denn wir sind dafür schon lange besser aufgestellt als viele andere Branchen.

Für die Politik wäre es nach einem Jahr Zeit eine Bestandsaufnahme zu machen, um branchenspezifische Konzepte zu erstellen. Konzepte, die nicht pauschalieren, sondern sich an den verschiedenen Gegebenheiten orientieren und den wirtschaftlichen Schaden minimieren, ohne dass das auf Kosten der Sicherheit geht. Meine Hoffnung ist, dass wir ab dem Sommer wieder normal wirtschaften können. Ich rechne hier mit Juni, Juli. Wenn nicht, wird sich der Markt bereinigen und damit aber auch Möglichkeiten für neue Marktteilnehmer eröffnen.

Jeder, der uns kennt weiß, dass wir immer kämpfen. Wir werden auch in diesen Zeiten der Pandemie bis zum Schluss kämpfen. Egal was kommt – wir werden alles überstehen. Wir werden weiter existieren, denn Aufgeben ist für uns niemals eine Option.