STIMMUNGSBILDER – Teil 5



Stephanie Arnold
Kaffee Asmara (Großhandel, Handel, Café)

Im Interview berichtet Stephanie Arnold, Inhaberin des Kaffee Asmara am Griesplatz in Graz, von den von den Herausforderungen denen sie sich seit Beginn der Corona-Krise gegenübersieht. Bei den Stimmungsbildern geht es um eine authentische Wiedergabe der Erlebnisse und Sichtweisen von Unternehmern im Bezug zum Zeitgeschehen im Moment des Gesprächs. Wir möchten an dieser Stelle ausdrücklich festhalten, dass diese Gespräche mit Unternehmern aller Couleur erfolgen und daraus nicht zwingend eine Nähe zu unserer Organisation oder eine bestimmte politische Zugehörigkeit abgeleitet werden kann.

Stephanie Arnold in ihrem Kaffee Asmara am Griesplatz

Stephanie Arnold in ihrem Kaffee Asmara am Griesplatz

Im ersten Moment war es ein Schock, als wir beim ersten Lockdown alle zusperren mussten und niemand so recht gewusst hat, was eigentlich los ist. Wir haben von Anfang an einen Zustelldienst gemacht, also die Leute konnten bestellen und wir haben es ihnen dann vorbeigebracht. Wir haben viele Stammkunden in unserer Nähe, da hat das sehr gut funktioniert. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass wir aufgrund des Lebensmittelhandels im Geschäft gar nicht hätten schließen müssen. Nachdem damals Ostern kurz bevorstand, hatten wir viel mehr Ware als üblich eingekauft. Wir sind fast auf alles sitzengeblieben. Diesmal, also heuer, haben wir viel weniger eingekauft.

Wir haben drei Standbeine: Den Großhandel, den Handel und die Gastronomie. Wenn die drei Säulen nicht harmonieren, kann ich nicht davon leben. Die Gastronomie hatte bis Mitte Mai zu, diese Einnahmen haben mir im Großhandel gefehlt. Zudem gibt es seit dieser Zeit ja auch keine Veranstaltungen mehr. Ich hatte schnell die Vermutung, dass das alles länger dauern würde und mich gleich über Hilfsmaßnahmen schlau gemacht. Der erste Schritt war um Stundung anzusuchen. Das war notwendig, weil ich viele Rechnungen zu bezahlen hatte, die unter normalen Umständen locker zu bezahlen gewesen wären. Diesmal dachte ich aber, wenn jetzt die SVS, das Finanzamt und der Kredit noch dazu kommt, dann schaut das nicht so gut aus. Dank dem HFF habe ich schnell Geld bekommen, was ohne Einnahmen erstmal sehr wichtig war, um meine Miete bezahlen zu können. Natürlich waren das nur kleine Beträge, aber trotzdem war das in dieser Zeit eine große Hilfe. Nachdem es in dieser Zeit sonst noch keine anderen Förderungen gab, sah ich mich gezwungen einen Kredit aufzunehmen, bei dem der Staat die Garantie übernommen hat. Wie hätte ich sonst wirtschaftlich überleben können? Ich musste danach sogar noch einen zweiten Kredit aufnehmen, aber das Glück war dann, dass ab Juni wieder alles gut weitergelaufen ist. Meinen Vater, der hier mitarbeitet, habe ich in Kurzarbeit geschickt. Das hat aber ewig gedauert, weil sich am Anfang niemand ausgekannt hat. Mittlerweile habe ich auch einen Fixkostenzuschuss erhalten. Das alles hat mir dabei geholfen meine Rechnungen zu bezahlen und über die Runden zu kommen, aber ausschließlich davon leben hätten wir nicht können.

Wenn wir nicht bald wieder zu einer Normalität zurückkehren, wird es schwierig werden. Im Moment habe ich ungefähr ein Viertel des Umsatzes, den ich normalerweise habe. Wenn hin und wieder Förderungen eintrudeln, kann ich mich von Monat zu Monat über Wasser halten. Aber wenn es in den nächsten Monaten nicht besser wird, weiß ich selbst nicht mehr weiter. Was das anbelangt habe ich schon einige schlaflose Nächte hinter mir. Ich habe für November einen Antrag gestellt und noch immer nichts erhalten, weshalb ich schon mehrmals bei der COFAG angerufen habe. Anscheinend waren wir bei der Statistik Austria falsch eingeordnet. Da bekam ich die Möglichkeit das richtig zu stellen, was ich natürlich gleich gemacht habe. Bis dato allerdings ohne Erfolg, obwohl ich jede Woche dreimal anrufe, wurde das noch nicht korrigiert. Als ich dann für Dezember den Antrag stellen wollte und nochmal darauf hingewiesen habe, haben sie überhaupt gleich aufgelegt. Auch meinem Steuerberater ist das passiert, als er von ihnen eine Auskunft wollte. Aber da bist du machtlos und kannst gar nichts machen. Nicht einmal die Finanz, bei denen du den Antrag ja stellst, kann dir da weiterhelfen. Denn sobald der Antrag bei der Finanz weggeht und bei der COFAG ankommt haben sie selbst keine Einsicht mehr. Ab dann gibt es keinen Abteilungsleiter mehr oder sonst eine kompetente Ansprechperson, mit der man sprechen könnte. Wir sind ein sehr kleiner Betrieb und für uns ist jede noch so kleine Unterstützung einfach wichtig.

Die Standesvertretung hat sich schon eingesetzt, soweit ich das mitbekommen habe, aber anscheinend wurde das nicht ernst genommen. Gottseidank habe ich super Stammkunden. Alle Privatkunden, die bei mir hier immer ein und aus gegangen sind, ich könnte nicht sagen, dass ich von denen jemanden verloren habe. Zuvor gehörte das Geschäft meinem Opa, dann meinem Onkel und jetzt mir. Die Leute mögen uns einfach, das ganze rundherum auch, die sind wirklich sehr treu. Das finde ich sehr schön, aber Neukunden kann ich in dieser Zeit keine gewinnen. Was das anbelangt haben wir am Griesplatz ohnehin einen schweren Stand. Das Viertel ist verrufen und dementsprechend haben wir hier von Haus aus weniger Laufkundschaft.

Die Freiheitliche Wirtschaft hat Stephanie Arnold und ihren Vater besucht und zu ihrer Lage befragt. Von links: Josef Arnold, Stephnie Arnold, KR Dr. Erich Schoklitsch

Die Freiheitliche Wirtschaft hat Stephanie Arnold und ihren Vater besucht und zu ihrer Lage befragt.
Von links: Josef Arnold, Stephanie Arnold, KR Dr. Erich Schoklitsch

Während des ersten Lockdowns habe ich in meinen Webshop eher unsere Nischenprodukte hineingestellt und diese ganz gut verkauft. Als die Leute dann aber wieder einkaufen gehen konnten, wurde es schnell wieder weniger. Aber alleine schon für die Sichtbarkeit in der Krise ist so ein Webshop von Vorteil. Ich persönlich bin ein bisschen old school, wahrscheinlich weil ich ein kleines Geschäft mit vielen Sachen zum Rumstöbern habe, was ja auch in gewisser Weise unseren Charme ausmacht. Das Gespräch finde ich sympathischer als die Anonymität. Ich selbst kaufe ehrlich gesagt auch nicht so oft und so gerne online ein. Ich verwende die neuen Medien, pushe diese aber nicht, auch wenn man das von einem jungen Menschen wie mir erwarten würde. Aber ich denke viele schätzen es, dass es so jemanden wie mich noch gibt. Also jemanden, der die Tradition bewahrt und den persönlichen Kontakt liebt. Was ist denn vom Flair der Herrengasse noch übrig? Das wird die zweite Annenstraße, wenn es so weiter geht. Die großen Ketten machen das Flair kaputt, den Rest versuchen sie mit Kunstprojekten zu füllen, das ist für mich doch keine typische Innenstadt mehr. Bei meinem Warenangebot wollen die Kunden die Möglichkeit zum Verkosten und zum Gespräche führen. Daraus entsteht in der Folge Loyalität und eine Tradition des Persönlichen. So gesehen gibt es nicht nur die Digitalisierung, sondern auch ein Erfolgsmodell der Tradition, welches in der Krise äußerst hilfreich ist. Selber rösten wäre für mich noch das Tüpfelchen auf dem i. Mein Opa hat damals so angefangen. Der Geruch im Geschäft, die Leute, die dir gerne dabei zusehen, das ist es, was ich gerne noch machen will. Damit möchte ich die Tradition sogar noch festigen, unabhängig von den Einflüssen rundherum. Auch das ist eine Strategie, klein und fein eben.

In der Politik wäre es schön, wenn es mehr Einigkeit geben würde, gerade jetzt in der Krise wäre das wichtig. Lösungen, die uns Österreichern helfen, anstatt dass sich Politiker an der Krise noch bereichern. Jeder hat momentan Probleme, die alle mit der Krise zu tun haben. Der Friseur mit den Tests, der Großhandel mit den Schließungen und der kleine Händler damit, dass die großen ihre Ware billig abverkaufen. Viele sind in Kurzarbeit, dadurch ist auch weniger Geld im Umlauf. Ich persönlich glaube nicht daran, dass es wieder so wird wie es einmal war. Es fühlt sich schon jetzt anders an. Unsere Freiheiten werden wir wohl nicht mehr zurückbekommen. Mein Rat an die Branchenkollegen? Durchhalten! Wenig einkaufen, durchhalten und schauen, dass man die Kunden immer gleich betreut – vor der Krise, in der Krise und nach der Krise. Das ist auch mein Rezept.