STIMMUNGSBILDER – Teil 1
Fras Thomas
Autowerkstatt / Transport-Kältetechnik Fras
Im Interview berichtet Thomas Fras, Inhaber einer KfZ-Werkstatt, von den von den Herausforderungen denen er sich seit Beginn der Corona-Krise gegenübersieht. Bei den Stimmungsbildern geht es um eine authentische Wiedergabe der Erlebnisse und Sichtweisen von Unternehmern im Bezug zum Zeitgeschehen im Moment des Gesprächs. Wir möchten an dieser Stelle ausdrücklich festhalten, dass diese Gespräche mit Unternehmern aller Couleur erfolgen und daraus nicht zwingend eine Nähe zu unserer Organisation oder eine bestimmte politische Zugehörigkeit abgeleitet werden kann.
Wie das mit Corona alles begonnen hat und noch keiner gewusst hat wie wir am besten damit umgehen sollen, da habe ich die Maßnahmen der Regierung selbstverständlich mitgetragen. Wir haben zugesperrt und waren sechs Wochen im Lockdown. Natürlich haben wir am Anfang damit gerechnet, von der Regierung finanzielle Unterstützung zu erhalten. Was wir bekommen, das sind 500 Euro monatlich aus dem Härtefallfonds. Trotz der letzten drei gültigen Steuererklärungen hat es für uns keinen Einkommensersatz gegeben. Wenn Du bei der Wirtschaftskammer anrufst und die Frage stellst, wie sie beim Härtefallfonds auf die 500 Euro kommen, wo der vorherige Verdienst doch viel höher war, antworten sie dir, dass das Computer-System das vorgibt und sie keinen Einfluss darauf haben. Darüber hinaus haben wir im Sommer einmalig 3000 Euro Fixkostenzuschuss erhalten, weil wir die 40 % Umsatzminus um 1 % überschritten haben. Das zweite Ansuchen liegt fertig beim Steuerberater, wir wollten schon im November abgeben, aber aufgrund von Änderungen war das von Seiten der Regierung erst ab 16. Februar möglich. Diesen Termin haben sie dann nochmal auf den 28. Februar nach hinten verschoben. Alles, was jetzt zu bezahlen ist, bezahle ich von meinem privat ersparten Geld.
Gegenüber 2019 haben wir jetzt einen Umsatzeinbruch von 50 %. Und die Prognose ist nicht sehr gut. Das gleiche gilt auch für große Teile der restlichen Autobranche. Einer unserer größten Ersatzteillieferanten beklagt auch einen Umsatzeinbruch von 30 %. Dadurch, dass die Leute weniger fahren, gibt es am Ende auch weniger Reparaturen und Service zu machen. Sogar am Motorölverbrauch wird das ersichtlich. Die großen Hersteller haben deshalb im vergangenen Jahr 30 % weniger Motoröl produziert. Was noch dazu kommt: Früher hat der Kunde in ein bis zwei Werkstätten angefragt, heute holt er sich mindestens fünf Angebote ein und geht am Ende zum Billigsten. Es geht nur mehr um den Preis und darum, wer es ohne Rechnung macht. Bei uns zahlt er 70 Euro für die Stunde, wovon wir noch Steuern abführen müssen und eine Garantie für unsere Leistung übernehmen. Wo anders im Pfusch bezahlt er 50 Euro für die Stunde ohne Garantie. Für mich persönlich ist Schwarzarbeit kein Thema, ich muss ja auch die Miete und die Löhne offiziell zahlen.
Von der Unternehmervertretung fühle ich mich eigentlich nicht vertreten. Ich sage das, obwohl ich selbst so ein Spartenvertreter bin und einem solchen Gremium angehöre. Aber die Wirtschaftskammer ist ein Witz. In unserer Sparte, da gehören auch die Werkstätten, Tankstellen usw. dazu, da bin ich der einzige kleine Unternehmer, der nicht für einen Konzern arbeitet. Die anderen, die für Konzerne arbeiten, wen sollen die denn bitte vertreten? Ich als einziger kleiner Unternehmer, der in diesem Gremium sitzt, kann als Unternehmervertreter dort so gut wie gar nichts bewirken. Seit vorigem Jahr haben wir coronabedingt erst eine einzige Sitzung gehabt. Und das war nur die konstituierende Sitzung, da ist es thematisch noch um rein gar nichts gegangen. Die nächste Sitzung ist für diesen Monat anberaumt. So gesehen ist hier ein Jahr lang nichts passiert. In der Wirtschaft und in der Politik werden mittlerweile viele Sitzungen online abgehalten, nicht aber unsere Sitzungen der Wirtschaftskammer. Vor kurzem haben sie eine Online-Schulung für Unternehmer angeboten, also wie man ein Online-Meeting richtig abhaltet. Nicht einmal dafür bekommt man einen Link zum Online-Teilnehmen, sondern es findet an einem Nachmittag in der Wirtschaftskammer statt.Kunden mit kleinen Reparaturen kommen immer. Dazu gehört Birnen wechseln, Fehlerspeicher löschen und so weiter. Da sind wir sehr kulant, weil die ja erfahrungsgemäß immer wieder kommen. Auch jene Kunden, die ihre Reifen bei uns eingelagert haben kommen regelmäßig wieder und lassen auch alles andere was anfällt auch bei uns machen. Was aber wegfällt sind die Privaten und viele Pensionisten, also jene, die ihr Auto nicht für die Ausübung ihrer Arbeit brauchen. Ein Kunde von uns, ein Pensionist, ist normalerweise in ganz Österreich unterwegs um Golf zu spielen. Voriges Jahr sagten wir ihm, dass wir beim nächsten Service dann die Bremsen werden machen müssen. Als er heuer dann wieder zum Umstecken der Winterreifen gekommen ist waren die Bremsen noch wie im Vorjahr. Wir haben uns den Kilometerstand angeschaut und gesehen, dass er das ganze Jahr über nur 2.000 km gefahren ist. Normalerweise fährt der in einem Jahr 15.000 bis 20.000 Kilometer, aber wenn die Golfplätze alle zu sind fährt er eben nur innerhalb der Stadt zum Einkaufen. Da erreichst du als Werkstatt keinen normalen Service-Intervall. Für unser Geschäft wäre es gut, wenn die Leute wieder mehr machen dürfen und mehr unterwegs sind. Daraus ergeben sich wieder mehr Service-Arbeiten und Reparaturen, das wäre zweifellos gut für uns.
In den Vorjahren hatten wir die Situation, dass Kunden bei denen gröberer Reparaturen angestanden sind, ihr altes Auto abgestoßen haben und sich mit Leasing ein neues zugelegt haben. Um 200 Euro im Monat bekommt er das schon alles inklusive, also inklusive Service, Reife und Reparaturen. Das bedeutet, dass wir als kleine Werkstatt in so einem Fall den Kunden verlieren und in Zukunft kein Geld mehr mit ihm verdienen werden. Aber eventuell kommt es hier zu einer Trendwende. Die Leute sind nicht mehr so liquide wie früher, dadurch werden weniger Leasing-Verträge abgeschlossen. Alte Autos werden deshalb dann eher weiterhin repariert, genützt und vermehrt gehandelt. Dabei muss der Kunde sein Fahrzeug warten, wozu er meist eine kleinere Werkstätte beauftragt. Das ist also eine Entwicklung, die uns unter Umständen sogar zugutekommen könnte. Das ist eine Perspektive, die mich zum Weitermachen ermutigt, denn aus wirtschaftlicher Sicht hätte ich sonst schon zusperren müssen, um nur mehr mit den Kühlmaschinen bei den Frachtfahrzeugen weiterzumachen. Der Frächter hat keine Möglichkeit etwas im Pfusch reparieren zu lassen, der muss zu einer regulären Fachwerkstätte gehen. Nachdem es nur drei davon in der Steiermark gibt, ist das ein Geschäft, welches auch in Krisenzeiten relativ sicher ist. Der Stundensatz und die Margen beim Material sind dort ebenfalls höher. Für uns ist das das bessere Geschäft.
An die Branchenkollegen habe ich nur den Rat, dass sie auf jene Kunden verzichten sollen, die das Material im Internet kaufen, die dann mit dem Motoröl und allem in der Tür stehen und mir sagen, dass sie das Ganze auch noch gerne ohne Rechnung eingebaut hätten. Das rechnet sich nicht. Leider gibt es immer mehr solche „Kunden“. Aber aus der Marge beim Material finanziert sich die Hebebühne, das Werkzeug, das Entsorgen der Problemstoffe und aus dem Stundensatz die Miete, Löhne und Abgaben. Wenn also ein Kunde mit solchen Wünschen zu mir kommt lautet meine Standard-Antwort: OK, dann gehen Sie bitte zum Amazon, der soll ihnen das dann auch gleich einbauen. Solche Kunden schädigen in Wahrheit den lokalen Handel massiv und uns Dienstleister noch dazu. Das ist ein Schaden für uns alle. Gut im Motorradbereich sieht es etwas anders aus, denn die Besorgung von Motorradteilen ist tatsächlich um einiges aufwändiger als die Beschaffung von Autoersatzteilen. Da akzeptiere ich es, wenn der Kunde die Teile besorgt. Aber alles in allem müssen wir gerade in Zeiten wie diesen aufpassen, uns nicht zu verzetteln und sehr konsequent darauf achten, was sich auszahlt und was nicht. Denn sonst wird es uns morgen am Markt nicht mehr geben.